Blick durchs Schlüsselloch - Mensch und Weltraum

Die großen Entdeckungen der Astronomie seit der Antike
Mensch und Weltraum
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Blick durchs Schlüsselloch
Dass eine gute Brille dabei helfen kann, ohne Unfälle durch die Welt zu laufen, ist allgemein bekannt. Dass eine Sehhilfe aber auch ein Fenster für die Sicht auf eine neue Welt sein kann, wissen wir seit der Erfindung des Fernrohrs. Wer es erfunden hat, ist nicht genau einem einzigen klugen Menschen zuzuordnen, sondern vielmehr zwangsläufiges Ergebnis einer 250jährigen Entwicklung. Konvexe und konkave Linsen zum besseren Sehen zu verwenden, war schon seit dem 13. Jahrhundert bekannt. Die Niederländer haben sich hier besonders hervorgetan. Jedenfalls meldete ein Herr Hans Lippershey im Jahre 1608 bei der niederländischen Regierung das Fernrohr als Patent an.

Um es auch an dieser Stelle deutlich hervorzuheben: Galileo Galilei ist nicht der Erfinder des Fernrohrs. Er hat es aber die Menschen eine kurze Zeit lang glauben lassen. Galilei besorgte sich Linsen und verbesserte das holländische Fernrohr. Galilei war auch nicht der erste, der das Fernrohr in den Himmel richtete; dies nur der Vollständigkeit halber. Zum Beispiel war der Franke Simon Marius, Arzt und Astronom, ebenfalls mit dem Fernrohr am Himmel unterwegs. Seine Veröffentlichungen hierüber erfolgten aber später als die des Galilei, der es nicht versäumte, Herrn Marius umgehend des Plagiats zu bezichtigen, obwohl hier vermutlich der Julianische Kalender auf den Gregorianischen Kalender stieß. Typisch für Galilei.
Die Geschichte Galileis ist bedeutsam für den Schritt der Menschen in ein neues Weltbild. In dem Augenblick, als Galilei die Objekte des Himmels mit seinem Fernrohr betrachtete, wurde trotz des Widerstandes der katholischen Kirche, dem Geozentrischen Weltbild endgültig der Todesstoß versetzt. Wenn auch nicht sofort, so war die Erkenntnis über die Bedeutung dessen, was im Fernrohr zu sehen war, nicht zu leugnen. Dies wird am Beispiel der Beobachtung des Planeten Jupiter besonders deutlich, den Galilei am 7. Januar 1610 das erste Mal mit seinem Fernrohr anvisierte. Galilei entdeckte, dass der Planet Jupiter von vier kleinen Pünktchen begleitet wurde, die bei längerer Beobachtung über mehrere Nächte eine deutliche Bewegung um den Jupiter herum vollzogen.
Wie kann das sein? War nicht die Erde im Zentrum des Weltalls und bewegten sich nicht alle Himmelskörper ausschließlich um die Erde herum? Hier gab es einen Planeten, der eigene Begleiter hatte. Es war also offensichtlich, dass auch andere Planeten Zentrum einer Bewegung für Himmelskörper sein konnten. Das verstieß so eklatant gegen das herrschende Weltbild, dass man sich die Aufregung Galileis sehr gut vorstellen kann.
Aber das sollte nicht die einzige Beobachtung bleiben, welche gegen die herrschende Weltenordnung verstieß. Galilei beobachtete die Phasen der Venus, die also offenbar um die Sonne kreiste und nicht um die Erde. Denn die Phasen ließen den Schluss zu, dass der Planet entsprechend seiner Bahnposition aus der Sicht der Erde von unterschiedlichen Seiten aus von der Sonne beschienen wurde, genauso wie unser Mond.
Kaum vorstellbar, aber so scheint es zu sein. Die Venus umkreist offenbar nicht die Erde; das war durch seine Beobachtung bewiesen. Als Galilei dann auch noch Landschaften auf dem Mond, Berge, Täler und Krater entdeckte, war zumindest ihm klar, dass es neben der Erde noch andere Weltenlandschaften gab.
Man bedenke, dass bis zu diesem Zeitpunkt niemand etwas über die Beschaffenheit von Planeten wusste. Bestenfalls waren es leuchtende Pünktchen, die sich gegen den Sternenhimmel bewegten. Dann der ungeheure Sternenstrom der Milchstraße. Selbst die Sonne war nicht von reiner Natur, sondern von Flecken verunziert, wie Galilei feststellte.
Galilei versuchte, seine Entdeckungen der herrschenden Klasse mitzuteilen und lud wichtige Leute zur Beobachtung mit seinem Teleskop ein, was sich als schwierig bis unmöglich herausstellte. Das Geozentrische Weltbild mit der Erde im Mittelpunkt der Welt, ja sogar im Mittelpunkt des göttlichen Interesses, war so fest in den Herzen und Köpfen der Menschen verankert, dass selbst jene, die den Blick durch sein Fernrohr wagten, sich Opfer einer Täuschung wähnten. Sie waren nicht fähig, das Gesehene als Tatsache zu akzeptieren. Ein weiterer Umstand erschwerte die Akzeptanz: Wer einmal mit einem Nachbau des Galilei-Fernrohrs den Jupiter betrachtet hat, weiß um dessen mangelhafte Qualität. Es bedarf Übung und längerer Beobachtungssitzungen, um mit diesem Teleskop überhaupt sinnvoll beobachten zu können. Ein vorübergehender Blick durch das Fernrohr des Galilei genügte nicht, die Menschen zu überzeugen. Es war bestenfalls ein Blick durchs Schlüsselloch.
17. Oktober 1610
Das Weltbild der Antike bricht endgültig ein!
Diese Aufzeichnung von Galileis Beobachtungen des Planeten Jupiter zeigen die verschiedenen Stellungen der Lichtpünktchen, die später als die Gelilei'schen Monde in die Astronomiegeschichte eingehen werden. Für Galilei muss es eine Erschütterung seines Weltbildes gewesen sein, dass ein Planet eigene Monde haben kann. Eine Welt neben der Erde.
Die Galilei'schen Monde des Jupiter
Wenn man doch nur Galilei in der Vergangenheit hätte zuflüstern können, dass Menschen eines Tages eine Weltraumsonde mit seinem Namen benennen und zum Planeten Jupiter entsenden würden, um "seine" Monde zu erforschen . . .
Die Phasen der Venus
Im Geozentrischen Weltbild kann die Venus keine Phasen bilden, da sie gemeinsam mit der Sonne die Erde umkreist. Im Weltbild des Tycho Brahe wären die Venusphasen ebenfalls sichtbar gewesen. Das wurde aber zu recht von Galilei abgelehnt.
Die Beobachtung der Venusphasen zeigte Galilei, dass die Venus wie die Erde um die Sonne kreist. Das Kopernikanische Weltbild wurde bestätigt.
Landschaft des Mondes
Das Fernrohr offenbarte Galilei eine Landschaft mit Bergen und Tälern. Eine Welt, gleich der eigenen Heimat, umkreist die Erde. So offenbarte sich seinem Fernrohr ein Wunder nach dem anderen.
Diese Federzeichnung (links, hier im Vergleich zu einem frühen Foto des Mondes) veröffentlichte Galilei in seiner Informationsschrift "Sidereus Nuncius".
Eine Kommunikation in Rätseln
Galilei und seine Liebe zu den Anagrammen. Der geplagte Zeitgenosse Johannes Kepler, sollte sich das Wissen des Galileo Galilei gefälligst verdienen.
Im mangelhaften Fernrohr von Galilei bildete der Anblick des Planeten Saturn ein 3-gestaltiges Himmelsobjekt. Der Planet Satun war der letzte bekannte Planet - daher der "Obere".
Die Inquisition
Es gibt viele Versuche von zahlreichen Künstlern den epochalen Akt des Inqusitionsgerichts gegen Galileo Galilei und seinen Widerruf nachträglich festzuhalten (Ausschnitt eines Gemäldes von Joseph Nicolas Robert-Fleury). Galileis Arroganz hatte schließlich zu diesem Prozess geführt; mehrfach über Jahre hinweg gewarnt von Kardinal Bellarmine, hat Galilei dennoch die Gunst der Kirche verspielt. Die Folter und der Kerker blieben ihm erspart, das Publikationsverbot und der Hausarrest bis zum Lebensende aber nicht.
Erst 1992 wurde Galileo Galilei von Papst Johannes Paul II. rehabilitiert.
Allein die Kirche zweifelt
Die Position der Erde ist, trotz der unumstößlichen Entdeckungen des Galileo Galilei, in den Köpfen der Kirchenmacht die, des Zentrums der Welt.
Galilei fehlte es nicht an Arroganz, aber er wurde ohne Zweifel geschätzt. Auch in Rom. Seine zahlreichen Beziehungen brachten ihm Lob und Anerkennung. Er war als Mathematiker, Physiker und Philosoph auf vielen Gebieten gefragt und erfolgreich. Seine zahlreichen Veröffentlichungen schenkten den Menschen seiner Zeit vielseitige neue Einblicke in die Natur. Er brach häufig mit den naturphilosophischen Ansichten des Aristoteles, obwohl die Naturbetrachtungen des großen griechischen Denkers in den Köpfen aller Menschen seiner Zeit waren. Er wog die Luft und bewies zudem, dass Eis leichter war als Wasser. Beides Entdeckungen, die Aristoteles widersprachen.
Seine überwältigenden astromischen Entdeckungen sprachen dem Heliozentrischen Weltbild des Nikolaus Kopernikus zu. Endgültige Beweise waren seine Beobachtungen aber dennoch nicht. Die Phasen der Venus beispielsweise waren mit dem Weltbild des Tycho Brahe erklärbar. Auch hier stand die Erde im Zentrum aber Venus und Merkur umkreisen gemeinsam mit Mars, Jupiter und Saturn die Sonne, die wiederum die Erde umrundete. Obwohl Galilei, wie jedem Gelehrten seiner Zeit, das Tychonische Weltbild bekannt war, ignorierte er es, offenbar weil er in Tycho Brahe einen kompetenten Konkurrenten sah.
Im Jahre 1616 wurde die päpstliche Inquisition um Kardinal Robert Bellarmine aktiv. Sie setzte verschiedenen Versuchen, das Weltbild des Kopernikus auch mit der Bibel zu versöhnen, ein Ende, indem sie diesbezügliche Veröffentlichungen auf den Index setzte. Auch und besonders das Werk von Kopernikus „De revolutionibus orbium coelestium“. Gleichzeitig erhielt Galileo Galilei mehrfach Ermahnungen, das Heliozentrische Weltbild keinesfalls als wahr zu vertreten. Alle weiteren Wirrungen und Ränkespiele, die letztlich zum finalen Inquisitionsprozess gegen Galilei führten, sind zwar höchst interessant und ihr Studium ist sehr empfehlenswert, sprengt jedoch den Rahmen dieser kleinen Ausarbeitung.
Nur so viel: die Arroganz des Galileo Galilei war nicht hilfreich. Er war letztlich sehr erfolgreich darin, sich besonders in den Kreisen der Wissenschaft ohne Not und oft auch ohne Grund viele Feinde zu machen.
Am 22. Juni 1633 machte die Kirche Galilei den Prozess wegen Ketzerei. Er widerrief seine Gefolgschaft des Kopernikanischen Systems. Wurde aber dennoch zu lebenslangem Kerker verurteilt, der aber wegen seiner Verdienste, seines schlechten Gesundheitszustandes und seiner Beziehungen in Hausarrest gewandelt wurde. Publikationen wurden ihm verboten. Galilei erblindete 1638 und verstarb im Januar 1642.
Dass das Urteil der Inquisition nicht einstimmig war, ist bemerkenswert und machte Hoffnung. Papst Urban der VIII. hat das Urteil nie ratifiziert.
Erst 1757, am 17. April, verkündete Papst Benedikt XIV. das Ende der Verbannung von Werken die das Heliozentrische System vertraten. Und erst 1822 wurde seitens der katholischen Kirche der Druck von Schriften, welche die Planetenbewegung gemäß moderner Astronomie zum Inhalt hatten, erlaubt.


Das Heliozentrische System etablierte sich allmählich als Weltbild. Die Nutzung eines Fernrohres für die Erforschung des Himmels brachte den Durchbruch. Zahlreiche Himmelsforscher ergänzten nach Galilei das Bild vom Himmel durch spektakuläre Entdeckungen. Während der kommenden hundert Jahre verblasste auf diese Weise das Geozentrische Weltbild des Ptolemäus und das des Tycho Brahe. Es wurde nach und nach überblendet von der heliozentrischen Sichtweise, die aber auch ob der unglaublichen Entdeckungen dem Untergang geweiht war. Der Mensch und seine Erde hatten ihre Reise vom Mittelpunkt der Welt zum Allgemeinplatz der Schöpfung begonnen.
Glaube und Wissenschaft - getrennte Wege?

Das Maß der Beschwerlichkeit, Wissenschaft und Glauben zu versöhnen und so den Weg zur Wahrheit zu bereiten, ist beängstigend hoch. Wir alle wissen, dass das in vielerlei Hinsicht auch heute noch gilt. Deshalb sollte es uns allen aber Antrieb sein, es immer wieder zu versuchen. Wie schwierig es ist, den gegenseitigen Respekt von Glauben und Wissen möglich zu machen und beides nicht als Gegner, sondern als gleichberechtigte Möglichkeiten anzusehen, um auf die Welt zu schauen, zeigt die Ansprache von Papst Johannes Paul II. an die päpstliche Akademie der Wissenschaften vom 31. Oktober 1992. Das Thema: die Rehabilitation von Galileo Galilei. Ein schwieriger Text aber sehr lesenswert.
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