Diese Seite wird darüber berichten, wie Chemiker und Physiker den Code der Sterne entschlüsselten. Eine Spielerei Newtons Licht durch ein Glasprisma zu schicken und in seine Farben zu zerlegen, erwies sich lange Zeit später als ein Durchbruch für ein kosmologisches Weltbild.
Auf dem Weg, der Einzigartigkeit der Erde nachzuspüren, erfahren wir zunächst mehr über die Beschaffenheit der Sterne. Denn sie haben wesentlich mehr Anteil an der Entstehung aller Welten und allem was sich darauf befindet, einschließlich der Menschen, als ihr wunderbares und geheimnisvolles Funkeln am Himmel vermuten lässt.
Die wissenschaftliche Kompetenz der Industriestaaten des 19. und 20. Jahrhunderts wuchs enorm. Hinsichtlich der Astronomie erlaubte sie mehrgleisige Entwicklungen. Viele Entdeckungen außerhalb der Wissenschaft der Astronomie halfen später den Astronomen dabei, Sterne zu verstehen.
Hierzu gehören besonders die Physik des Elektromagnetismus und die Zerlegung des Lichts – die Spektroskopie. Mit beidem ist man dem Wesen des Lichts auf der Spur; also auch jenem Licht, das die Sterne zu uns senden. Man entdeckte Mitte des 19. Jahrhunderts, dass das Licht der sichtbare Teil der elektromagnetischen Strahlung ist. Die von Isaak Newton im 17. Jahrhundert erstmals durchgeführte Zerlegung des weißen Lichts in die Farben des Spektrums beschäftigte später im 19. Jahrhundert einige Wissenschaftler. Im Jahre 1802 entdeckte William Hyde Wollaston in einem von ihm erzeugten Spektrum des Lichts der Sonne dunkle Linien, die ebenso drei Jahre später von Joseph von Fraunhofer festgestellt wurden. Es dauerte jedoch noch weitere 48 Jahre bis der Physiker Gustav Robert Kirchhoff gemeinsam mit dem Chemiker Robert Wilhelm Bunsen (genau der mit dem Bunsenbrenner) herausfanden, dass die Dunkellinien im Spektrum ein Fingerabdruck jener Elemente sind, aus dem der Stoff besteht, durch den das weiße Licht hindurch gegangen ist bevor es im Spektrum zerlegt wurde, vorzugsweise durch ein gasförmiges Medium. Im Spektrum wird also jene Farbe ausgeblendet – also absorbiert, in welcher die Elemente des Stoffs, durch den Licht geschickt wurde, selbst leuchten, wenn sie denn hierzu angeregt werden. Deshalb heißen jene dunklen Linien auch Absorptionslinien. Wenn man das Leuchten eines bestimmten angeregten Elements selbst in ein Spektrum zerlegen würde, erhält man nur dessen farbige Linien (der Rest des Spektrums bleibt dunkel), so genannte Emissionslinien. Die Linien der Elemente haben immer denselben Platz in der Farbskala des Spektrums, können also den korrespondierenden Wellenlängen des Lichtes exakt zugeordnet werden. Was diese Entdeckung nun für die Astronomie bedeutet, liegt auf der Hand. Wenn man das Licht der Sterne zerlegt und die Dunkellinien des so entstehenden Sternspektrums den Elementen zuordnet, weiß man, aus welchen Stoffen der Stern besteht, oder genauer: aus welchen Stoffen die Atmosphäre des Sterns besteht. Einer der ersten, die die Spektroskopie systematisch in der Astronomie anwandten, war der britische Astronom William Huggins (1824-1910). Er stattete sein 20cm Linsenfernrohr mit einem Spektrometer aus, als er von der Entdeckung der Zuordnung der Spektrallinien durch Kirchhoff und Bunsen hörte und untersuchte systematisch Sterne und Nebelflecken am Himmel. Er veröffentlichte zahlreiche Spektren, besonders von Nebeln.
Die Astronomen erfuhren durch die Spektralanalyse, dass die Sterne zwar verschieden sind, dass sie aber ausschließlich aus bekannten Elementen bestehen, die auf Grund des Periodensystems identifizierbar sind, bis auf das Helium, das seinerzeit auf der Erde nicht bekannt war. Es gibt keine unbekannten Stoffe im Weltall; die Chemie ist überall gleich. Die Entdeckung der Spektralanalyse bedeutet für die Forschung über die Beschaffenheit des Weltalls einen gewaltigen Schritt nach vorne. Jeder Stern schickt sein Passbild in Form eines Spektrums auf die Erde. Da mag man sich wundern.
Es stellte sich heraus, dass ein Sternspektrum noch erheblich mehr Information enthält, als nur den des chemischen Aufbaus des Sterns. Heute wissen wir, dass auch die Art der Darstellung der Linien, verwaschen und unscharf zum Beispiel, etwas über die Physik des Sterns und gemeinsam mit dem Farbbereich auch etwas über die Temperatur des Sterns aussagt. Die Versuche von Christian Doppler (1803-1853), die Farbigkeit der Sterne mit der Eigenbewegung der Sterne zu erklären, waren so zwar falsch, führten aber über den Umweg der Akustik in die richtige Richtung. Hier entdeckte Doppler, dass eine akustische Welle gestaucht wird, wenn sich der Geräuschverursacher dem eigenen Ohr nähert. Bei einer schnellen Bewegung der Quelle auf den Empfänger zu und einem kontinuierlichem Ton wird also auf diese Weise die Tonlage höher und im Gegenzug, bei Entfernung des Objektes, wieder tiefer wahrgenommen, weil die akustischen Wellen nun gestreckt werden. Funktioniert das auch mit dem Licht? Ja und wie, wenn auch auf einer anderen physikalischen Grundlage. Weiter oben wurde erwähnt, dass die Absorptionslinien der Elemente ihren festen Platz in der Farbskala des Spektrums haben. Das trifft nicht für eine sich bewegende Lichtquelle zu. Die Absorptionslinien der Elemente im Spektrum eines Objektes verschieben sich in den blauen, kurzwelligen Bereich wenn sich die Quelle auf den Empfänger zu bewegt und verschieben sich in den roten. langwelligen Bereich, wenn sie sich entfernt: der so genannte Doppler-Effekt. Christian Doppler hat diesen Effekt bei sich umkreisenden Doppelsternen entdeckt und konnte so die Drehrichtung des Sternsystems beschreiben. Das Ausmaß der Verschiebung der Linien im Spektrum (zum roten oder zum blauen Ende) bei sich bewegenden Lichtquellen ist übrigens ein Maß der Geschwindigkeit, mit der sich das Objekt relativ zum Betrachter bewegt.
Wer hätte in der langen Vergangenheit der Erforschung des Himmels gedacht, dass die ehrfurchtsgebietenden funkelnden Lichter des Sternenhimmels gleichzeitig eine Botschaft sind? Die einzige Information, die von den leuchtenden Objekten des Himmels zu uns gesandt wird, ist die elektromagnetische Strahlung. Ein kleiner Ausschnitt hiervon, das sichtbare Spektrum, vermag bereits so viel über den Absender zu erzählen. Was mögen uns erst für Informationen zufließen, wenn wir unseren Teleskopen Filter und Brillen anpassen, die außerhalb des sichtbaren Spektrums in anderen Bereichen der elektromagnetischen Strahlung empfindlich sind?